Laly gibt jetzt in El Paso Gas
Ein Beispiel für Flexibilität angesichts der Zeitenwende im Aridanetal
Liebe LeserInnen und Leser,
heute erzähle ich eine Geschichte. Eine lange Geschichte… Eine Story von der Zeitenwende, die der Vulkanausbruch im Aridanetal ausgelöst hat. Und von einer Frau, die inmitten dieses Umschwungs mit historischen Ausmaßen ganz die Alte bleibt. Und die exemplarisch zeigt, was von allen Betroffenen gefordert wird: Flexibilität.
Die Rede ist von Laly Villalba. Schwester von Manolo Villalba, der mit seiner Rockabilly-Band Tihuya Cats und als Produzent von Hirtensprung-Lanzen weit über La Palma hinaus bekannt wurde. Aber heute geht es um Laly, die im übrigen ebenso eloquent wie ihr Bruder vor der Kamera agiert und sich mit ihrer Bar Bucanero in Puerto Naos einen Namen bei Einheimischen und Inselgästen gemacht hat. Weil sie eine außergewöhnliche Vollblut-Wirtin ist. Weil sie Bands und SolistInnen aller Couleur im Bucanero oft eine Plattform und den Gästen so gute Unterhaltung bot. Und weil sie sogar ab und an zusammen mit ihrem Musiker-Freund Thomas oder anderer Begleitung für die Leute in ihrem Lokal selbst ein Liedchen ins Mikro trällerte.
Immer wieder sonntags Live-Musik bei Laly
Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung: Zum Beispiel an die unterhaltsamen Konzerte von Laly im Bucanero in Puerto Naos. Um es nicht bei schönen Momenten im Gedächtnis zu belassen, präsentiert die Vollblutwirtin jetzt auch Live-Musik in ihrem neuen Wirkungsbereich, dem Volcánica Kiosco auf der Plaza Francisca de Gazmira in El Paso.
Immer wieder sonntags von 13.30 bis 15.30 Uhr unterhalten mal Clari und Xavi, mal Charly 7 und mal Flavia – und vielleicht kommen noch mehr dazu… Flavia gibt ihr Debüt bei Laly am Sonntag, 19. März 2023. Auf die Gäste im Volcánica Kiosco wartet ein wahrer Ohrenschmaus, denn die Sängerin aus La Palma ist in Spanien eine Berühmtheit. Grund: Sie gewann zusammen mit ihrer Partnerin Tamara den Wettbewerb Fantastic Duo – ihr Siegersong: „Abrázame“ – umarme mich. Am Sonntag bei Laly singt Flavia internationale Hits, darunter Titel von Tina Turner und Maná. Dürfte nett werden. Fast vergessen: Der Eintritt ist frei! Reservierungen unter 663.848.008.
Doch das Bucanero und Laly haben seit dem 19. September 2021 Sendepause. Anfangs wegen der eruptionsbedingten Evakuierung des Badeorts im Westen der Insel. Und nach dem Aus des Vulkans, weil das Cabildo bis heute – von wenigen Ausnahmen abgesehen – verbietet, Puerto Naos wegen Gasgefahr zu betreten. Also kann Laly – ebenso wie die übrige Geschäftswelt von Puerto Naos – ihren Betrieb nicht wieder öffnen.
Doch Laly wäre nicht Laly, wenn sie das alles klaglos hinnehmen und faul in irgendeiner Hängematte baumeln würde. Und so kämpft sie zum einen in der Initiative mit dem langen Namen Asociación de afectados por la evacuación de Puerto Naos y La Bombilla für Rückkehr und Rechte der Evakuierten. Zum anderen hat sie ihre Ankündigung in einem Beitrag der ZDF-Drehscheibe zum Jahrestag des Vulkans wahr gemacht: Seit Dienstag vor Weihnachten 2022 gibt sie wieder als Wirtin Gas. Im Herzen von El Paso. Auf der Plaza Francisca de Gazmira. In dem Lokal, das jetzt Volcánica Kiosco heißt.
Laly ist Geschäftsführerin, und ihr neuer Chef baut auf ihre Qualifikation und Erfahrung. Deshalb hat sie ihr Bucanero-Konzept kurzerhand in den vulkanischen Kiosk von El Paso transferiert. Sprich: Auch hier zieht sie eine Café-Bar auf, in der die Highlights der Karte Cocktails, Kuchen und Eis von Frida sowie Gebäck von La Tarta sind. Außerdem soll´s Tapas, Sandwiches, Waffeln und andere kleine Gerichte geben. Und natürlich Konzerte. Wie früher in Puerto Naos. Gleich an Silvester geht´s los mit einer Sause mit neun verschiedenen Musik-Acts: Bands, SängerInnen, DJs – Reservierungen und Infos auf Instagramm. Und natürlich sorgt Laly mit ihrer freundlichen Bestimmtheit und ihrer Aufmerksamkeit wieder für ein unnachahmliches Ambiente.
„Im Prinzip ist im Volcánica Kiosco alles wie in Puerto Naos, sogar Palmen kann man sehen, wenn man in Richtung Hiperdino schaut“, lacht Laly. „Alles da – halt nur ohne Meer.“
Dennoch hat sie den Traum von der Wiedereröffnung des Bucanero in Puerto Naos noch lange nicht begraben. Wenn das Cabildo den Badeort wieder zugänglich macht, will Laly erneut im Bucanero Regie führen. Denn der Job in El Paso hat bei allem Engagement einen finanziellen Aspekt: „Arbeiten macht mir Spaß, aber ich muss auch Geld verdienen“, erklärt die Frau mit dem Wirtinnen-Gen. „Obwohl das Bucanero geschlossen ist, muss ich zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge für mein Team bezahlen, das in Kurzarbeit ist.“ Auch die Steuerabschlagszahlungen seien nach wie vor zu bedienen, und Miete falle an. Bedauerlicherweise kommen die öffentlichen Hilfen laut Laly aber nicht pünktlich und nur unregelmäßig an.
Volcánica Kiosko Öffnungszeiten
Diese Öffnungszeiten gelten laut Laly vorläufig, bis sich alles einspielt: Freitag bis Dienstag von 9 bis 22 Uhr. Mittwoch und Donnerstag ist Ruhetag.
So geht es nicht nur der Wirtin des Bucanero. Auch Roger vom Franconia in Puerto Naos hat inzwischen in Los Llanos an der Plaza de España ein neues Restaurant namens Bunker eröffnet. Und Silke vom Kunsthandwerkladen Gecko überbrückte die schlimme Zeit mit einem Job bei der Zürich-Versicherung und plant nun auszuwandern. Um nur ein paar Beispiele zu nennen…
Der Ausbruch des Tajogaite hat eine Zeitenwende im Aridanetal eingeläutet. Historische Orte wie La Laguna, Las Norias oder Las Manchas sehen anders aus. Todoque gibt es nicht mehr. Alles ist in Bewegung, überall entstehen neue Straßen. In der post-vulkanischen Ära vermissen Einheimische wie Inselgäste vor allem Puerto Naos, das mit seinem Strand, seinen vielen Geschäften und Lokalen ein Ort der Begegnung war. Und so haben sich Gewohnheiten, Treffpunkte verändert. Menschen ziehen um, manche mehrmals, Wohnraum ist knapp. Viele Bekannte aus Puerto Naos treffe ich heute in El Paso, wo sie inzwischen leben. Bürgermeister Sergio Rodríguez dürfte sich über die zahlreichen Neuzuzüge in seiner Gemeinde freuen.
Im Gegensatz zum von der Lava ausradierten Todoque können die Menschen aus Puerto Naos zurück. Wenn das mit dem Gas endlich geklärt wird. Derzeit findet in dieser Hinsicht jedoch nur ein großes Im-Nebel-Stochern statt. Ich zumindest blicke in dem ganzen Hick-Hack um Grenzwerte und korrekte beziehungsweise nicht korrekte Messungen nicht mehr durch. Deshalb schreibe ich auch keine Details darüber. Ich will keiner Partei Vorschub leisten.
Fest steht nur eines: Sobald Puerto Naos wieder aufmacht, gehören mein Mann Harry und ich zu den ersten, die dort freitagabends aufschlagen. Auf einen Drink bei Laly, Hallo sagen bei unserer Freundin Alicia, die hoffentlich wieder im Las Olas bedient, im Moncloa eine Cerveza schnappen und aufs blaue Wasser der Playa Chica-Bucht hinausblicken… Harry schafft bestimmt noch einen Absacker im Caotico bei Minggi. Und dann fahren wir mit Ramon im Taxi nach Hause. Falls alles wieder so wird, wie´s mal war. Und alle wieder aufmachen. Was ich zwar hoffe, aber insgeheim bezweifle. Es wird anders, aber das muss ja nicht schlecht sein.
Die gute Nachricht: Bis dahin können wir bei Laly im Volcánica Kiosco in El Paso vorbeischauen. Und Freunde treffen. Oder Musik hören. Hasta pronto! Eure Gudrun