Radtour Berlin-Cádiz-La Palma – Resümee von Alex
„Wenn nicht jetzt – wann dann?“
Der Hobby-Biker Alex Neubert hat eine unglaubliche Leistung hingelegt: In 151 Stunden fuhr er vom 30. August bis zum 3. Oktober 2023 mit dem Fahrrad von Berlin nach Cádiz und von dort mit der Fähre weiter auf die Kanareninsel La Palma. Insgesamt verbrachte er 33 Tage im Sattel seines Stahlstiers El Toro und quälte sich über 23.458 Höhenmeter. Und als er auf der Isla Bonita ankam, gab er sich gleich nochmal ein Brett.
Alex, man sollte denken, nach Deiner Fahrradreise wolltest Du nach der Ankunft auf La Palma erstmal die Füße hochlegen. Aber Du bist nicht den direkten Weg zu Eurem Haus in Tendiña gefahren, sondern hast Dir die Route über den 2.424 Meter hohen Roque de Muchachos angetan. Der Laie staunt.
Alex (lacht): Ja, ich musste das machen. Denn ich hatte schon zweimal probiert, auf den höchsten Berg der Insel zu fahren, und habe es nie gepackt. Allerdings bin ich bei den ersten beiden Malen über Garafía geradelt, da sind die Steigungen zu brutal. Dieses Mal habe ich die Route über Santa Cruz genommen, die verläuft nicht ganz so steil, und dann hat´s geklappt.
Dass Du Dir auf der Fahrradreise von Berlin nach La Palma eine gute Kondition antrainiert hast, dürfte auch geholfen haben…
Alex: Stimmt, ich fühle mich super, sehr kräftig, habe eine gute Körperspannung. Es war kein Spaziergang. Aber schön. Ich bin so froh, dass ich es gemacht habe. Ich verstehe jetzt auch, wie weit La Palma eigentlich von Berlin entfernt ist. Wenn man in den Flieger steigt und nach vier, fünf Stunden landet, bekommt man da kein Gefühl dafür.
Apropos Kondition: Wie hast Du Dich auf dieses Abenteuer vorbereitet?
Alex: Mit kleineren Trainingseinheiten. Ich bin während meiner Urlaube auf La Palma viel gefahren, und in Berlin so einmal die Woche mit meinen Clubfreunden so um die 80 Kilometer.
Du hältst ja inzwischen den Höhenmeterrekord im Club…
Alex (lacht): Stimmt, und die haben mir schon gesagt, dass ich nie wieder bezahlen müsse… Tatsächlich holste das in Berlin nicht mehr ein. Aber einer von uns hat in Südtirol eine Wohnung, der lässt sich von seiner Frau ab und zu an den Alpenrand fahren und macht dann eine Tour. Der wird meine Höhenmeter knacken, aber er ist auch viel fitter als ich und 20 Jahre jünger.
Du bist 63 Jahre alt. Wo liegen Deiner Meinung nach die Altersgrenzen für eine Mammuttour wie Berlin-La Palma?
Alex: Ich denke, das kannst Du noch mit 70 machen, vielleicht muss man dann langsamer fahren. Aber Du musst gesund sein und brauchst eine gewisse Grundfitness, denn es geht an die Grenzen. Ich hatte beim Start 92 Kilo und habe unterwegs zehn Kilo abgenommen. Gut, dass ich Reserven hatte. Unterwegs habe ich regelmäßig Bier getrunken, denn ich hatte beim Fahren keinen Hunger, konnte höchstens Obst oder ein kleines Brot essen. Das Bier war mein Lebensretter (lacht).
Hättest Du diese Radtour auch mit Deiner Frau Christine machen können?
Alex: Ja, wir sind ja auch schon zweimal durch Neuseeland gefahren. Aber da hatte ich mehr Gepäck, und wir waren langsamer unterwegs. Auf der Strecke Berlin-Cádiz hätten wir eben nur so um die 80 Kilometer pro Tag gemacht, oder sie wäre mit einem E-Bike gefahren. Und es hätte einen Vorteil gegeben: Der Übernachtungspreis im Hotel hätte sich nicht geändert, denn ich musste immer ein Doppelzimmer nehmen und den ganz normalen Preis bezahlen.
Was hat Dich diese Fahrradreise gekostet?
Alex: Wenn man es bequemer will, also im Hotel übernachten, sollte man mit 70 Euro täglich im Schnitt rechnen. Dazu kamen bei mir so um die 50 Euro pro Tag für Essen, Trinken etc. Man muss auch berechnen, dass die Hotels in Spanien ihre Preise an den Wochenenden mal kurz verdoppeln. Und in Sevilla haben sie Preise aufgerufen, das war der Wahnsinn. Da muss man in kleinere Orte ausweichen. Das geht natürlich auch billiger, aber ich wollte keinen Stress. Schlechte Unterkünfte, schlechte Betten oder schlechtes Essen wäre mir zu stressig gewesen. Mir hat´s gereicht, einmal erwischte ich eine miese Matratze und hatte dann drei Tage Rückenschmerzen.
Aber Du bist immer weitergefahren…
Alex: Ja, ich hab einfach ein paar Schmerztabletten eingeworfen, damit ich unterwegs keine Probleme kriege. Auf so einer Tour musst Du jeden Tag den inneren Schweinehund überwinden. Und wenn man zwei, drei Tage Pause macht, fängt man körperlich wieder von vorn an. Man muss in Schwung bleiben, dann fühlt man sich von Tag zu Tag besser.
Hast Du einen Tipp für Leute, die diese Tour ebenfalls machen wollen?
Alex: Ja, um zum Hafen in Cádiz zu kommen, nimmt man am besten die Fähre in Puerto de Santa María. Ich habe – zum Glück nicht am Tag der Abreise – die Strecke mit dem Rad getestet. Das Problem ist, dass zwei große Brücken nach Cádiz führen, aber die sind für Radler gesperrt. Und die KOMOOT-App schickte mich auf einen verrückten Weg, wo ich zum Teil sogar absteigen und schieben musste. Wenn ich das am 3. Oktober gemacht hätte, wäre die Fähre weg gewesen. Und noch ein Tipp: Im Hafen von Cádiz geht´s von der Fähre weg links bis zum Molenende, da liegt die Trasmediterránea nach La Palma. Als ich Leute fragte, haben die mich immer zu den Kreuzfahrtschiffen geschickt.
Es war eine tolle Leistung, denn Du bist am 30. August losgefahren und hast Dir selbst das Ziel gesteckt, die Fähre am 3. Oktober zu erwischen!
Alex: Ich habe sogar überlegt, die Fähre am 26. September zu kriegen. Aber dann hätte ich im Schnitt 150 Kilometer am Tag fahren müssen und nicht einen Tag Pause machen können. Das hätte mich total ausgepowert. Aber mit dem 3. Oktober habe ich etwas Luft gehabt und konnte – beispielsweise als es in Frankreich mal regnete und morgens 5 Grad hatte – eine Auszeit nehmen und der Gefahr einer Erkältung entgehen.
Wie bist Du eigentlich auf die Idee gekommen, mit dem Drahtesel auf die Isla Bonita zu pedalieren?
Alex: Ich fahre schon seit 1984 Touren, meine erste war Málaga – Granada – Tarifa und zurück. Berlin-La Palma wollte ich schon seit Jahren machen, aber immer kam was dazwischen. Ich habe ja auch meine Arbeit in meiner Firma Bike Piraten.
Aber jetzt ging es plötzlich?
Alex: Ja, ich habe das ganz kurzfristig entschieden. Ich weiß ja auch, dass ich mich auf meine Leute hundertprozentig verlassen kann. Und so habe ich mir ganz einfach gesagt: ‚Wenn nicht jetzt, wann dann?“
Vielen Dank fürs Gespräch, Alex und weiterhin gute Fahrt!