Alex strampelt auf die Isla Bonita
Berlin – Cádiz – La Palma: rund 3.000 Kilometer mit dem Rad
Alex Neubert ist am 30. August in Berlin mit seinem Gravel-Bike nach La Palma aufgebrochen. Er will am 3. Oktober in Cádiz die Fähre auf die Isla Bonita erreichen. Dies ist Teil 2 seiner bisher erfolgreichen Fahrradreise, die voraussichtlich 3.300 Kilometer lang sein wird. Zu Teil 1 geht es hier.
Alex dampft Richtung La Palma
Heute, am 3. Oktober 2023, legte die Fähre in Cádiz nach La Palma ab, und Alex war wie geplant an Bord. Übrigens musste er für El Toro nichts bezahlen, der darf gratis in einem Lagerraum mitfahren. Unser Biker verbringt die 55 Stunden Überfahrt in einem Pullmann-Sessel, da alle Kabinen ausgebucht waren. „Ich stell mir einfach vor, das ich Fahrrad fahre“, erklärt der Berufsoptimist sein Anti-Langeweile-Konzept. Vielleicht trifft er ja ein paar nette Leute, die auch nach La Palma wollen. Dann vergeht die Zeit etwas schneller. Der absolute Abschlussbericht folgt dann am 6. oder 7. Oktober, wenn Alex tatsächlich wieder in seinem Haus auf der Isla Bonita angekommen und zu einem kleinen Bilanz-Interview bereit ist.
Tag 32 und 33: Schlussetappe nach Cádiz
Der 30. September war nochmal ein harter Tag: Bei über 30 Grad und mit meist straffem Gegenwind biss sich Alex Neubert über teils schlaglochübersäte Straßen von Sevilla nach Cádiz. Genauer gesagt, beendete er die Schlussetappe zwölf Kilometer davor in der Stadt Puerto de la Santa María. Grund: Das Hotel kostet hier nur die Hälfte, und abends war mit einem Harley-Treffen schön was los.
Am Sonntag, 1. Oktober, machte Alex die Sache allerdings perfekt und radelte bis zum Hafen von Cádiz, um dort ein Foto von sich und El Toro zu schießen, aber natürlich auch, um zu sehen, wo genau die Fähre am Dienstag ablegt.
Unser Marathon-Biker hat tatsächlich sein Festland-Ziel erreicht! Nach 33 Tagen stehen ziemlich genau 3.330 Kilometer auf dem Tacho. Dafür und für sage und schreibe 23.458 Höhenmeter verbrachte er rund 151 Stunden im Sattel.
33 Tage – 3.330 Kilometer und am 3. Oktober nach La Palma. Die 3 scheint die Glückszahl von Alex zu sein. Das Beste: Er hat diese Hammer-Tour ohne körperlichen Schaden überstanden. „Ich bin richtig gelöst, fühle mich leicht und entspannt“, vermeldet er am Sonntagmorgen. „Auch El Toro und die Reifen haben vollends durchgehalten, ich bin echt glücklich.“
Voraussichtlich am 6. Oktober landet das erfolreiche Gespann auf der Isla Bonita. Weil das Schiff erst in der Nacht anlegt, hat Alex ein Hotel in Los Cancajos gebucht.
Grund: „Mein Ziel war, von der Haustür in Berlin bis zur Haustür auf La Palma zu fahren.“ Erst dann ist die Fahrradreise von Berlin nach La Palma komplett.
Es dürfte ihm wohl gelingen. Alle Leserinnen und Leser dieses Reiseberichts stoßen auf seinen Erfolg an! Natürlich mit einem Radler!
Tag 31: Alex erreicht Sevilla und sieht rot
Auch auf der vorletzten Etappe seiner Fahrradreise nach Sevilla hat Alex Neubert seien Enthusiasmus nicht verloren, was Land und Leute anbelangt. „Weil mein Hotel in der Innenstadt lag, hat mich die KOMOOT-App außenrum über die Berge geführt, aber dieser Umweg war suuuuper, denn es ging durch Wälder mit hunderttausenden von Eichen und auf zig-Kilometern vorbei an unglaublich vielen Schweinchen, die Eicheln fraßen.“ Aber nicht nur diese prä-schinkuale Erfahrung bringt ihn zum Schwärmen, er war auch völlig überrascht, dass „Spanien so grün ist, vom Flugzeug aus sieht das immer so braun aus“.
Trotz des Umwegs war er in Sevilla noch fit, also flugs ins Hotel, El Toro wie gewohnt aufs Zimmer bringen und frisch machen. Aber Satz mit X, war wohl nix. Der Portier in der touristenüberschwemmten Großstadt verweigerte dem stählernen Stier trotz „Aber-ich-bin-doch-3.000-Kilometer-lang-mit-ihm-unterwegs-gewesen-Geheule“ seines Reiters den Eintritt ins immerhin 150 Euro teure Minizimmer. (Am Wochenende kostet es hier 500 Euro, und damit erklärt sich auch, warum Alex – entgegen meiner gestrigen Vermutung – keine zweite Nacht, die die Samstagnacht gewesen wäre, in Sevilla geblieben ist.)
Aber wohin mit El Toro? Nein, er kam nicht in die Stierkampfarena gleich um die Ecke, sondern wurde in einem „Green Lockers“ genannten Etablissement zum Preis von 15 Euro pro Nacht sicher verwahrt.
Allerdings schlug Alex den Weg zur Plaza de Toros ein. Und tatsächlich: Don Cultura mutierte entgegen jeder Erwartung zu Don Rojo: Vielleicht auch wegen der Zimmerpreise sah er rot und ging hinein. „So ein Stierkampf ist ein Monsterevent, und klar, man muss es nicht mögen, aber man darf es nicht veruteilen, es gehört hier dazu“, sagt er in seiner toleranten Art. „Und die Stiere haben echt eine Chance, wenn sie schneller sind als der Torrero…“
In diesem Sinne wage ich mal zu behaupten, dass die Chancen von Alex, am Samstag Cáaaadiz zu erreichen, größer sind als die des Stiers, aus der Arena zu entwischen. „Noch 100 Kilometer“, sagt er. „Das schaff ich, das mach ich!“
Alles Gute für die Schlussetappe, Don Bike!
Ach, da fällt mir noch der Kommentar meiner Tochter Stephie ein, als ich ihr vom alexischen Fahrradmarathon erzählte. „O Gottogottogott, das schaff ich nicht mal mit dem Auto!“ Dito.
Tag 30: Eichenwälder und Schwarze Schweine
Weingärten, Olivenhaine und Eichenwälder: Durch diese südspanische Kulisse radelte Alex am 28. September weiter durch die Extremadura nach Montesterio. Was er nicht sah, waren die schwarzen Schweine, die in dieser Gegend freilaufend herabgefallene Eicheln verdrücken und nicht ahnen, dass sie zum begehrten Pata Negra heranreifen. Was er aber beim abendlichen Bummel durch das kleine, 5.000-Einwohner-Städtchen mit seinen Lädchen und Restaurants entdeckte, waren vier bis fünf Geschäfte mit Jamón Iberico: „Das muss hier wohl eine Hochburg sein, nur schade, dass ich nichts mitnehmen kann, diese Schinken wiegen um die fünf Kilo.“
In der Tat wäre es zum Weinen, wenn er und sein wackeres Fahrrad wegen so einer Schweinebacke auf den letzten 200 Kilometern zusammenkrachen würden. Man sieht es auch auf dem Foto nach seiner Ankunft in Monesterio: So langsam wird´s Zeit, dass der Marathon-Biker ankommt, die Strapazen haben Spuren in sein Gesicht gezeichnet. Oder war die heutige, „kurze, aber sehr schwere Strecke von 80 Kilometern“ dran schuld? Kann sein: „Es ging fast immer leicht bergauf, da musst Du immerzu drücken, drücken, drücken“, zieht Alex Bilanz.
Doch auf der nächsten Etappe bessert sich das. Monesteria liegt auf 700 Höhenmetern, Sevilla auf um die 50. „Da gibt es ein paar Hügel, aber es geht mehr bergab als bergauf, und da machen mir auch die angekündigten 38 Grad nichts aus.“
Ich schätze mal, Don Cultura wird eine Weile in Sevilla hängenbleiben. Die Stadt lockt mit ihrer 3.000-jährigen Geschichte und einem der ältesten und größten Altstadtkerne Spaniens und Europas. Diesen Kultur- und Kunstgenuss hat er sich ja auch hart verdient. Und die Fähre nach La Palma legt erst am 3. Oktober ab.
Tag 29: Tiefenentspannt bis Almendraleja
Es ist nicht mehr weit nach Sevilla, und von da aus ein Katzensprung nach Cádiz. Zumindest für einen Biker, der inzwischen schon rund 3.000 Kilometer auf der Uhr hat.
Und so riss Alex die Tagesetappe von rund 100 Kilometern und schlappen 622 Höhenmetern nach Almendraleja sozusagen auf einer Pobacke runter und meldete nach der „sehr einfachen Strecke mit ein paar Hügeln“ ein fröhliches „Sonne, Sommer, Kaktus“.
In dem Städtchen gab es zwar keine großartigen Touristenattraktionen zu bestaunen. Dafür fand die Spürnase ein Lokal mit Happy-Hour und erstand zwei Cerveza zum Preis von einer. Dann bewältigte er das einzige Problem dieses Tages ohne Probleme: austrinken, bevor sie warm wurden.
Am 30.September, will der Käpt´n der Berliner Bike Piraten Sevilla erobern. Wir wissen ja inzwischen, was er vorhat: alte Steine angucken. Er kann sich damit Zeit lassen, denn anschließend fehlt nur noch die Schlussetappe nach Cádiz. Wenn alles weiter so läuft wie geschmiert. Was wir ihm sehr wünschen.
Tag 28: Frühstückstour nach Cáceres
Gute Nachrichten: Bei Alex Neubert auf seiner Fahrt von Berlin nach La Palma läuft derzeit alles rund. „Frühstücksfahrt“ hat er die Etappe am 26. September genannt. Denn bei schönem Wetter rockte er mal kurz 80 Kilometer von Salamanca nach Cáceres runter, fuhr der Hitze voraus und erreichte das Etappenziel vor 13 Uhr. Ein Klacks für ihn.
Insbesondere, weil Don Bike nach 28 Tagen Fahrradreise seine Kondition deutlich verbessert hat. „Ich merke, dass ich die leichteren Berge in höheren Gängen bewältige und steilere Steigungen fahren kann.“ Was die Höhenmeter betrifft, die Alex inzwischen auf seinem Tacho angesammelt hat, dürfte er beim Wettbewerb in seinem Berliner Radclub sowieso wohl für lange Zeit uneinholbar geworden sein.
Kurz: Die Bedingungen, dass Alex das Vor-La Palma-Ziel Cádiz erreicht, sind gut. Auch das Wetter spielt mit. Und der in Frankreich in der sonntäglichen Not aufgezogene No-Name-Reifen hält. Buena suerte, Don Bike!
Tag 27: Filmkulisse in der Extremadura
Es war wie in einem Werbefilm für Fahrradreisende: Auf dem Weg von Salamanca nach Plasencia kam Alex am 25. September aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus. „Sooo schööön, sooo grüüün und sooo warm“, schwärmte er via WhatsApp. „Die ersten 110 Kilometer war ich fast allein auf der Straße, kam durch Olivenhaine, Berge und Eichenwälder mit Schafen, Pferden, Kühen und Stieren, es war einfach unglaublich.“
Fazit: Maximale Endorphinausschüttung und Runterstrampeln von 140 Kilometern und 1.549 Höhenmetern bei teilweisen Steigungen von 12 Prozent mit einem Dauergrinsen auf dem Gesicht.
Es geht Richtung Süden, und die zunehmend brutzelnde Sonne macht Alex vollends glücklich: „Ich hab so viel Sch…-Kälte in Spanien erlebt, von mir aus kann es 36 Grad heiß werden, Hauptsache warm.“
Dieser Wunsch dürfte ihm erfüllt werden. Die Wetterfrösche sagen für die Extremadura und für Andalusien steigende Temperaturen voraus. „Ich will die nächsten fünf Tage nur noch Strecke machen“, kündigt unser Marathon-Radler seinen Plan für diese Regionen an. „Ich fahre durch.“
Wer´s glaubt, wird selig. Sobald Don Cultura wieder eine alte Burg sieht, steigt er ab.
Tag 26: Deftige Hotelpreise in der Mitte Spaniens
El Toro und Don Alex gönnten sich einen weiteren Ruhetag, weil Salamanca eine so schöne Stadt ist. Übrigens nächtigte unser Biker hier schon zum wiederholten Mal in einem Ibis-Hotel. Er ist wohl sehr zufrieden mit diesen Herbergen, von denen es rund um den Globus rund 1.000 gibt, weil sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.
In diesem Sinne ein Tipp für Fahrradreisende: Alex beziehungsweise Chrissie von Berlin aus versuchen inzwischen, die Übernachtungen zumindest für ein paar Tage vorauszubuchen. Zum einen, damit der erschöpfte Mann abends nicht noch lange rumsuchen muss. Zum anderen, um den Geldbeutel zu schonen: „Hier in der Gegend rufen die Hotelpreise auf, da fliegen Dir die Ohren weg“, berichtet Alex. Das war bis vor kurzem noch ganz anders. Deshalb sein Plan, in den nächsten Tagen eher in kleineren Orten zu übernachten.
Am Morgen des 25. September meldet er noch kurz, dass es bei 10 Grad und Sonnenschein weitergeht. Nach Plasencia. Eine herausfordernde Etappe mit 139 Kilometern und 1.000 Höhenmetern. Aber Alex hat nun Hilfe: Die Magnetkraft von La Palma wirkt bis in die Mitte Spaniens und zieht ihn.
Tag 25: Salamanca: Alex im Kultur- und Schinkenrausch
Die einen mühen sich über den Jakobsweg nach Salamanca, Alex hat den Highway genommen. Nach all den Strapazen, die er in der vergangenen Woche durchmachte, lief es heute mal relativ easy. Sonnenschein, kein Wind und nach der Ausfahrt aus Valladolid erstmal fast 70 Kilometer lang relativ flache Landstraßen mit kleinen Hügeln und – logo – vielen Radrennfahrern. Dann ein, zwei Anstiege: 859 Höhenmeter, pille-palle für unseren Radler, dessen Waderln immer dicker werden. Der Bauch dagegen schrumpelt: knappe 6 Kilo weniger bringt der schmale Alex nun auf die Waage.
Und wie es sein soll, das Beste kam zum Schluss. Zum einen die letzten 30 Kilometer nach Salamanca, auf denen es nur runter ging und Alex entspannt ins Ziel rollen konnte. Zum anderen die „Goldene Stadt“ selbst. „Das war unglaublich, so etwas habe ich noch nie erlebt, Wahnsinn“, flippte der nicht nur mit dem Rad weitgereiste Mann aus Berlin aus. „Da war überall Leben, nicht nur Touristen, auch Einheimische und all die alten Plätze und Gebäude – ich wusste gar nicht, wo ich hingucken soll.“
Die goldfarbenen, inoxidablen Steine von Salamanca sind schuld: Sie haben schon die alten Spanier in einen Baurausch versetzt und törnen die Menschen bis heute an. Alex war allerdings nicht nur kulturberauscht, sondern offenbar auch vom Besuch einer kleinen, aber feinen Schinkenmetzgerei. Denn unters Foto der Jamonería schrieb er „Schickeria“. Oder er hat sich einfach verschrieben, weil er die Hand voll Jamón Iberico hatte, den er sich so schnell wie möglich in den Mund stopfen wollte. Ja, solch ein Räuscherl ist einem Vegetarier nicht vergönnt.
Und weil´s so schön war, nimmt Al Bike am heutigen Sonntag eine Auszeit. Hat er ja schon am Anfang seiner Reise angekündigt, dass er die alten Städte Spaniens in Ruhe anschauen will. Kein Problem: Noch 620 Kilometer bis Cádiz und – inklusive dem heutigen Sonntag – noch 10 Tage bis zum 3. Oktober. Auf der Uhr sind übrigens inzwischen stolze 2.672 Kilometer!
Tag 24: Sprachübung in der Meseta von Valladolid
Die kastilische Metropole Valladolid war mal – lang ist´s her – die Hauptstadt Spaniens. Und am 22. September 2023 war sie das Ziel von Alex Neubert auf seiner Berlin-La Palma-Fahrradreise. Doch um dahin zu kommen, musste er eine gefühlte Ewigkeit über die nordwestliche spanische Hochebene radeln. Denn während der sechseinhalb Stunden auf 700 Metern durch die Meseta blies ihm andauernd eine steife 45-Stundenkilometer-Brise ins Gesicht.
Obendrein war es mit 6 Grad am Morgen und 12 Grad tagsüber saukalt und außerdem super-langweilig. Nichts zu sehen außer Feldern, Highlight war wohl eine Käsefabrik. Doch endlich hatte Alex mal Zeit, sich seine falsche Aussprache des Wortes Cádiz abzutrainieren. Also radelte er mit einer „Caaaaadiz-nicht-Cadiiiiiz“-Sprechblase über die Meseta. Denn die Betonung liegt vorn auf dem A, das zeigt der Akzent-Strich an. Aber damit hat nicht nur unser Berliner Probleme…
„Ich bin so froh, dass ich gestern nicht gefahren bin“, whatsappt Alex. „Sonst hätte ich die 136 Kilometer nicht geschafft, durch den Wind kühlt man trotz Strampeln total aus.“ Heiß wurde ihm nur, als er sah, dass sein Geschwindigkeitsmesser wohl kaputt war. „93 Stundenkilometer, das Ding spinnt. Ich bin ein Schisser, bei um die 60 Kaemha mache ich Schluss.“
Also ich finde schon weit weniger Speed auf dem Drahtesel beängstigend. Aber Alex ist ja mit Stahlstier El Toro unterwegs, da liegt mehr drin. Die beiden werden jetzt bald Madrid links liegen lassen und haben noch zwischen 700 und 800 Kilometer bis Cáaaaadiz vor sich.
Tag 23: Alex nimmt eine Auszeit
Als Alex am Donnerstag, 21. September, aufwachte, brausten Sturm und Regen über Burgos. „Da habe ich gekniffen und einen Reservetag gezogen“, sagt er mir auf WhatsApp durch. „Da kühlst Du aus, wirst nass, das bringt nichts, und ich wollte mir keine Erkältung einfangen.“ Wo er recht hat, hat er recht!
Erst um 14 Uhr ließ sich die Sonne wieder sehen. Und so schaute sich unser kultivierter Biker, der – wie wir schon wissen – auch an alten Steinen interessiert ist, die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt der Autonomen Gemeinschaft Castilla y León an. Er kann es sich leisten, es bleiben noch 14 Tage Zeit, bis die Fähre in Cádiz am 3. Oktober ablegt.
Tag 22: Alex erreicht Burgos
Kirchen-Kirchen-Kirchen, Weinberge-Weinberge-Weinberge, Felder-Felder-Felder, Muscheln-Muscheln-Muscheln: Alex war am 20. September immer noch in derselben Richtung unterwegs wie die Pilger des Jakobswegs. Er radelte bei angenehmen Temperaturen durch die „unendliche Weite“ der Provinz Zaragoza südwestlich nach Burgos und fühlte sich „wie im Raumschiff Enterprise“.
Durchtrainiert wie er inzwischen ist, stuft unser Marathon-Biker diese Strecke lapidar als „nix Extremes“ ein. Ja klar, waren ja auch nur 116 Kilometer und 1.150 Höhenmeter… Wirklich easy…
Aber wenigstens räumt der Athlet ein, dass ihm der Gegenwind von bis zu 70 Sachen zu schaffen machte: „Da musst Du drücken wie am Berg und bekommst gerade mal einen 30er-Schnitt zusammen“. Aha, daher die 6-Stunden-Bilanz am Ende dieser Etappe.
Der Plan von Alex ist, in den nächsten Tagen in Richtung Südwesten und sehr sportlich zu fahren, denn es sei „besser, jetzt die Kilometer wegzuruppen, als nach hinten raus Stress zu kriegen.“ Offenbar war ihm der Champion League-Kick, den er sich gestern Abend in Burgos ansah, eine Lehre. Denn genau das bekam die Union Berlin im Finish gegen Real Madrid: Stress! Nach dem ewig gehaltenen 0:0 verpassten die Berliner bei ihrer CL-Premiere ganz knapp einen Sensationspunkt, denn den Madrilenen gelang ein Tor in der Nachspielzeit. Wir drücken Alex die Daumen, dass er bis zum Schluss punkten kann!
Tag 21: Alex in Navarra: Immer der Muschel nach
Alex pilgerte am 19. September durch die Region Navarra und das Weinbaugebiet Rioja im Norden Spaniens. Und da war er beileibe nicht allein. „Hunderte Menschen aus allen Ländern der Welt sind hier am Wandern, und manche von ihnen fahren auch mit dem Fahrrad oder E-Bike“, erzählt Alex. Grund: Er hatte sich eine Tour ausgesucht, die im Prinzip dem berühmten Jakobsweg folgte.
Im Zeichen der Muschel zu radeln, hatte den Segen von oben. Kein Regen, Temperatur um die 25 Grad, neuer Geschwindigkeitsrekord von 63 Sachen und jede Menge Gastronomie in pittoresken Dörfern am Pilgerwegesrand. Alex kam ohne jedes Problem 112 Kilometer weit, brauchte dafür jedoch sechseinviertel Stunden, denn 1.654 Höhenmeter verlangten ihm wieder alles ab.
Das wird so schnell nicht besser. „Hier sind echte Berge, und es geht noch zwei Tage durchs Hochland“, berichtet Alex, der ab dem 20. September auf Landes- und Bundesstraßen umsatteln will. „Die Radwege sind ziemlich runtergekommen, es ist anstrengend darauf zu fahren, und ich will das Risiko eines Platten auf dem Land vermeiden.“
Ein Wermutstropfen im Kelch der Radlfreude unseres Berlin-La Palma-Bikers. Denn auf der Straße zu fahren, ist natürlich nicht mehr so schön wie das entspannte Strampeln auf Feld-, Wald- und Wiesenwegen. Und natürlich etwas gefährlicher. Toi, toi, toi, Alex!
Tag 20: Christines Wort zum Ruhetag
Heute ließ Alex mal Seele und Beine baumeln und bummelte nur ein bisschen durch Pamplona. „Richtig komisch, mal kein Strampeln“, meinte er und plante dafür seine weitere Route. Beim Check mit der KOMOOT-App stellte sich heraus, dass die Off-Road-Wege in Spanien zum Großteil unbefestigt sind: „Das probiere ich am Dienstag mal aus, aber ich glaube, das schaffe ich mit dem Rad nicht und steige auf Plan B, also Rennradstrecke, um.
Laut der KOMOOT-App sind es dann noch 1.135 Kilometer nach Cádiz. Ich fragte unseren Lonesome-Biker, ob er sich nach fast drei Wochen allein mit Stahlstier El Toro nicht einsam fühle. Das hat er verneint: „Das Alleinsein hat auch Vorteile, Rücksicht muss ich nur auf mich nehmen, und ich brauche mich nur selbst zu motivieren“.
Alex ist allerdings nicht wirklich allein. Das zeigt ein Mini-Interview mit seiner Frau Christine.
Sag mal, Frau Neubert, machst Du Dir keine Sorgen um Deinen Abenteurer-Mann?
Chrissie: Tatsächlich war das so, aber nur am Anfang. Immerhin ist es nicht ganz ungefährlich, allein unterwegs zu sein. Da geht einem schon einiges durch den Kopf wie Unfälle, Laster oder sogar Überfälle. Aber er steigt nachts ja immer in einem Hotel ab.
Die Tour Berlin-La Palma ist ja auch im Blick auf die Gesundheit eine Herausforderung…
Chrissie: Alex ist gut in Form und kein Typ, der sich überschätzt. Je länger er unterwegs ist, desto ruhiger werde ich.
Wie fühlt man sich so als Strohwitwe?
Chrissie. Ganz gut, ich habe viel zu tun. Außerdem sind wir ständig in Kontakt, wir telefonieren dreimal täglich, und er informiert mich konstant über WhatsApp mit Fotos und kleinen Berichten. Ich freue mich jeden Tag über seine tollen Erlebnisse, Alex wird ewig davon zehren. Die Tour steht für unser Lebensmotto, ich sag´s mal mit einem Zitat des Schriftstellers Paolo Coelho: „Eines Tages wirst Du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die Dinge, die Du immer wolltest. Tu sie jetzt.“
Tag 19: Viva España: schwarzer Tag mit Happy-End
Der 17. September war ein schwarzer Tag für Alex. Zwar düste er morgens in Bayonne „super-super-super-motiviert“ bei gutem Wetter los, aber nach exakt 6,04 Kilometern schlug das Unglück zu: Die Reifenkarkasse riss, der Schlauch drängte ans Licht, und das Radl machte nur noch „plopp-plopp-plopp“.
Profi Alex hielt natürlich sofort an, wartete, bis der Schlauch sich wieder zurückzog und umwickelte den Riss dann mit blauem Tape, das er eigentlich für Prellungen seines Athletenkörpers dabeihatte. Dann schnell gegoogelt, wo es sonntags einen neuen Reifen gibt. Und sieheda, ein Decathlon-Laden tauchte auf, in Bayonne. Also zurück.
Doch heute war der Wurm drin. Es zeigte sich, dass der Laden schon vor Monaten dicht gemacht hatte, aber leider nicht seine Internet-Präsenz. „Wie in Deutschland“, schimpfte unser Berliner, der allerdings schon wieder Plan B anlaufen ließ. Er entdeckte einen E-Leclerc, das ist eine französische Supermarktkette, die auch Fahrräder verkauft – das wusste unser Weltenbummler von einer Bootstour durch die Kanäle Frankreichs im vergangenen Juni. Also nix wie hin und sagenhaft: „Es gab einen Reifen, der ist zwar viel schmaler als der alte, keine besondere Qualität, aber egal.“
Die Einstellung, auch No-Name-Produkten eine Chance zu geben, sollte sich auszahlen. Aber zunächst musste Alex einen Neustart hinlegen. Und der führte um 12 Uhr mittags direkt in fiesen Sturm und Regen – ausgerechnet auf der Bergstrecke, die unser Bike-Man sowieso gefürchtet hatte. „Da fährst du 600 Höhenmeter hoch, dann geht das wieder runter auf 300 und dann wieder hoch auf 800 und so weiter…“, berichtet er. „Und das geht so auf insgesamt 30 Kilometern und knapp 2.000 Höhenmetern.“
Aber schlimmer geht immer! In den Pyrenäen war plötzlich das Internet weg. Gemein: Alex merkte das nicht, denn sein elektronischer Garmin-Wegweiser am Lenker denkt sich bei Satellitenausfall einfach eine eigene Strecke aus und zeigt diese an. Fazit: Irgendwann registrierte unser Radler dann doch, dass er voll danebenlag, suchte sich dann selbst eine neue Route, und kam vom Regen in die Traufe. Statt auf gut ausgebauten Wegen zu biken, mussten er und sein Drahtesel sich nun über matschige und steinige Pfade quälen. „Das war kein Fahren mehr, sondern Schieben, Tragen, Wandern.“
Um 21.15 Uhr, es war schon dunkel, wankte Alex ins zum Glück von seiner Frau Chrissie vorreservierte Hotel El Toro in Pamplona – so heißt inzwischen ja auch sein Stahlstier.
Allerdings hat Alex auf dieser hindernisreichen Bergetappe ebenfalls seinen stählernen Willen und Power wie ein Stier gezeigt. „Ich wusste, es wird hart und ich wollte es einfach schaffen, egal wie“, zieht er die Bilanz. „Und jetzt bin ich sooooo glücklich und mache den Montag zum Ruhetag.“ Woraufhin er sich er sich einen Carlos Primero genehmigte.
Darauf ein ‚salud‘ für Al Toro und El Toro!
Tag 18: Strandradeln und ein Platten
Ja, da hab ich den Alex auf WhatsApp wohl falsch verstanden, und meine Erdkundekenntnisse sind auch etwas eingestaubt: Er ist gestern noch nicht aus Frankreich raus und hoch in die Pyrenäen, sondern noch rund 100 Kilometer am Atlantik rumgegondelt. Er genoss schöne Strecken durch den Wald und radelte an jeder Menge Badeorte vorbei.
In einem besonders schicken schaute er mal in einen Fahradverleih rein und zuckte zurück: 60 Euro für ein Bike pro Tag, allerdings ein Gutes im Wert von 4.000 bis 6.000 Euro, plus 10 Euro Versicherung plus 3.000 Euro Depot. „Wenn´s geklaut wird, biste die los“, erzählt Alex. Und auch, dass hier „Junge, Alte, Dicke, Dünne“ mit E-Bikes von Strand zu Strand düsen. „Die Motoren dieser Cruise-Räder beschleunigen unglaublich, die kommen echt angebrettert.“
Aber nix passiert, Alex konnte ausweichen. Doch dann erwischte es ihn: Schon wieder ein Platten! Es sei wahrscheinlich sein eigener Fehler gewesen, räumt unser ciclista ein. Er habe wohl zuviel Luft nachgepumpt. Als Chef der Fahrradreparateure namens Bike Piraten beseitigte er den Schaden freilich ohne Probleme und kaufte vorsichtshalber gleich wieder Reserveschläuche ein. „Nicht, dass ich wegen so einem Sch… liegenbleibe.“
Denn morgen visiert Alex nun wirklich Pamplona an. Und das wird eine Wahnsinns-Challenge! In den Pyrenäen warten 2.000 Höhenmeter auf unseren Flachlandtiroler aus Berlin, der zuhause maximal 112 Höhenmeter in den Arkenbergen in Pankow vor den Reifen kriegt. Aber auf seiner Abenteuerreise geht´s morgen 60 Kilometer lang nur rauf, und dann erst wieder runter. Na, viel Spaß, wünscht der Fahrrad-Laie und wundert sich.
Tag 17: Zwei Drittel der Tour runtergerockt
Das Titelbild der heutigen Etappe nach Mimizan zeigt es: Alex Neubert hat circa zwei Drittel seiner Berlin-La-Palma-Fahrradreise hinter sich und den Atlantik erreicht! Wäre er auf der Autobahn gefahren, hätte er jetzt 1.743 Kilometer auf dem Tacho. Aber auf den Radwegen läppern sich da einige Meterchen mehr zusammen. Vor allem, wenn man sich hie und da verfährt…
Doch trotz dieser Hut-ab-lieber-Alex-Strecke ist unser Berliner fit wie ein Turnschuh. Heute, am 15. September, war er mit Pausen geschlagene 11 Stunden on the road. Er brauchte so lange, weil er mitten durch Bordeaux musste, um sein Ziel zu erreichen. „Die Stadt ist wirklich riesengroß und sehr schön, aber es gibt viele Ampeln und viel Verkehr, da brauchst Du lange für wenige Kilometer“, blickt er zurück.
Dann ging es jedoch wieder flott und stundenlang auf gut ausgebauten Radwegen durch Weinberge und Wald, wobei ihn die vielen Chalets am Wegesrand ständig zum Absteigen animierten. Aber Al Biky blieb stark: „Ich sagte mir immer: Nein, da muss ich meine Frau dabeihaben“ und tröstete sich mit einer Flasche Wasser und einer Büchse Bier aus einem Supermarkt.
Wie mega-tapfer er ist, zeigte sich nach 11 Stunden und 145 Kilometern in Mimizan: Alex legte noch eine Pedalumdrehung drauf. „Egal, es fehlten nur noch 5 Kilometer, und ich war am Atlantik. Und das war einfach echt super, nach gefühlt tausenden von Kilometern den Ozean zu sehen!“
Alex war auch völlig wurscht, dass der Himmel auf dieser Schlussetappe seine Schleusen öffnete – klar, wer genau aufs Atlantik-Foto schaut, erkennt eine schützende Kneipe im Hintergrund. Aber so profan lassen wir die Tour-de-France des Kapitäns der Bike-Piraten aus Berlin nicht ausklingen – morgen geht es weiter über die Pyrenäen nach Spanien. Ich schicke ihm meine besten Wünsche und mit dem Meer-unterm-Regen-besingenden Chanson La Mer ein Weiter-so-Ständchen. Denke mal, das ist im Sinne der Leserinnen und Leser des Radreiseberichts von Alex, die immer zahlreicher werden.
Tag 16: Alex und sein Navi namens Garmin
Weiterhin gute Nachrichten, diesmal aus dem Arrondissement Bordeaux, wo Alex heute nach 106 Kilo- und 668 Höhenmetern auf seiner Tour durch Wälder und Weinberge glücklich in St. André-de-Cubzac gelandet ist.
Nur ein klitzekleines Problemchen trat auf, das – wie Alex zugibt – selbst verschuldet war. Er hat unterwegs das Ziel seiner Tagesetappe auf der KOMOOT-App auf dem Handy umbenannt. Das ist durchaus erlaubt und möglich. „Allerdings muss man die veränderte Tour dann auch auf den Garmin überspielen“, räumt Alex ein. Und das hat unser Biker dann leider vergessen, weil er verträumt durch die schöne Landschaft geradelt ist. Fazit: 15 Kilometer Umweg.
Der Garmin ist ein Navigationssystem, das am Lenker befestigt wird, per Blue-Tooth mit dem Handy verbunden ist und die Streckenführung per Pfeil anzeigt (siehe Foto). Damit der Fahrer nicht ständig draufstarren muss, piept es circa 30 Sekunden vor einer Veränderung der Strecke und nochmal kurz zuvor. Wenn der Radler falsch fährt, zeigt es „bitte wenden“ an. „Das Garmin ist super, aber ich hätte mich vor der Tour damit beschäftigen sollen“, so Alex. „Weil nicht, lerne ich jetzt mehr durch Schwitzen und Ausprobieren.“
Das computergesteuerte Navigieren ist ihm halt noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Also muss die Intuition her! Tatsächlich entdeckte unser Abenteurer heute wie von Zauberhand geführt mitten in Frankreich eine spanische Kneipe: El Toro Loco! „Hier gab´s spanisches Bier“, freute sich Bike-Man. Jeder, der schon mal in Gallien war, weiß, dass es nicht nur geschmackliche Differenzen zwischen spanischem und französischem Frischgezapftem gibt. Und so lobte Alex insbesondere das Preisgefälle zwischen seiner cerveza im Verrückten Stier und dem des bière der umliegenden Gastronomie.
Tag 15: Optimales Fahrradwetter und Speed-Rekord
Am 13. September nahm Alex Neubert Kurs auf die Comic-Hauptstadt Frankreichs. Und er ließ die 111 Kilometer und 1.240 Höhenmeter zwischen Limoges und Angoulême in knapp sechs Stunden hinter sich. „Im Vergleich zu den vergangenen zwei Tagen war das heute relativ easy“, erzählt er ganz relaxed. „Es ging über schöne Radwege und kleine Seitenstraßen durch den Wald, und mir kam kaum jemand entgegen.“
Optimales Radlwetter – bewölkt und um die 20 Grad – inspirierte unseren Bike-Man zusätzlich. So sehr, dass er beim Bergrunterfahren mit 51,8 Sachen gleich den Geschwindigkeitsrekord seiner bisherigen Fahrradreise hinlegte.
Alex war atemlos vor Glück, stand aber am Ende dieser Tagesetappe auch atemlos vor der zweitsteilsten Straße der Welt, die zu seinem Hotel in der Altstadt hinaufführte. Da braucht man sein Fahrrad nicht zu lieben, um zu schieben. Herr Neubert mag sein Bike allerdings sehr, das wissen wir ja schon, deshalb fährt er es schließlich nach La Palma. Und so schob er seinen Drahtesel heute nicht nur bis vors Hotel, sondern auch unterwegs auf einer Gravel-Road mit 11 Prozent Steigung.
Mit dieser bergigen Strecke durch Südwestfrankreich hat sich Alex eine relativ anspruchsvolle Tour ausgesucht. Deshalb trifft er auch nicht mehr so viele Rad-Fans wie in den vergangenen zwei Wochen. Die gondeln lieber relativ steigungslos an den Kanälen und Schlössern Frankreichs entlang.
Dafür wird Alex mit schönen Dörfern und ständig wechselnden Landschaften belohnt. Morgens Laubwälder mit alten Eichen und gegen Abend Palmen und Bananenstauden! „So südländisch, ich dachte, das gibt’s ja wohl nicht!“, wunderte er sich.
Dürfte am milden Atlantik-Klima liegen, denn der Ozean rückt mit jeder Reifenumdrehung näher. „Ich seh ihn noch nicht, aber ich kann ihn schon riechen!“, freute sich Alex in seinem abendlichen Whatsapp.
Na dann, weiter so! Immer der Nase nach!