Staubwind aus der Sahara nervt
Das Wetterphänomen herrscht an durchschnittlich 24 Tagen im Jahr
Ein Winter, der fast ein Sommer sein könnte: Ungewöhnlich hohe Temperaturen und immer wieder Dunst bestimmen in letzter Zeit das Klima auf den Kanarischen Inseln. Und so ist das Thema Calima nun in aller Munde. Denn inzwischen weht der Wüstenstaub aus Afrika gefühlt immer öfter daher: 2024 rollten bereits drei Wellen dieses speziellen Nebels an – die letzte geschlagene neun Tage lang.
David Suárez vom staatlichen Wetterdienst AEMET auf den Kanaren bestätigt, dass die »Staubaktivität auf dem Archipel in den vergangenen Wintern und besonders seit 2020 einen Aufschwung genommen hat«.
Suárez führt eine Calima-Studie durch, die sich mit 483 »Staubereignissen« zwischen 1980 und 2022 beschäftigt. Schon jetzt steht fest, dass der Sandwind am öftesten und am längsten im Januar und Februar auftritt, wobei die Luft im Februar besonders dick ist.
Inzwischen wabert der Wüstendunst durchschnittlich 24 Tage pro Jahr über die Kanaren. Dabei ist die Durchschnittsdauer Suárez zufolge auf 1,8 Tage gesunken: »Die Staubereignisse werden immer kürzer, aber in Bezug auf die Sicht intensiver«.
Doch nicht nur die eingeschränkte Sicht macht den Dreck aus Afrika so gefährlich. Manche Menschen reagieren sehr sensibel schon auf kleinste Mengen, und die mit Calima einhergehende trockene Luft erhöht die Waldbrandgefahr. Im Januar 2024 wurde deswegen zum ersten Mal in der Geschichte der Kanarischen Inseln Waldbrand-Voralarm ausgerufen.
Was ist Calima?
Wenn es in der Sahara stürmt, treibt Ostwind den Sand auf die Kanaren. Dementsprechend sind die östlichen Inseln meist zuerst und auch am stärksten betroffen. Manchmal gelangt der Staub aber auch über Madeira und dann per Nordwind auf den kanarischen Achipel.
Die Sicht verschlechtert sich, und nicht nur Menschen mit Atemwegserkrankungen oder Allergien bekommen Probleme. Viele klagen über einen ständig trockenen Hals oder Hustenreiz, und ein Schleier aus Dreck legt sich auf alles, dringt durch jede Ritze sogar ins Innere der Häuser.
Aber die trübe Vom-Winde-verweht-Geschichte hat auch positive Aspekte: Der Wind treibt die Sandteilchen über den Atlantik Richtung Westen, wo sie nach und nach absinken. Die Fracht aus der Sahara besteht unter anderem aus Stickstoff, Phosphor und Eisen und ist damit ein hervorragender Dünger, der das Wachstum von Phytoplankton fördert. Sprich: Der Calima deckt die Tafel für Meeresbewohner, die sich gern in seiner Spur aufhalten und vermehren. Ebenfalls postiv: Die durch den Staub vermehrten Mikroorganismen im Atlantik können noch mehr Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen und helfen, die Klimakrise zu bewältigen. Bis ins Amazonasbecken gelangt der mineralische Sand aus Afrika – und düngt hier, wie auch auf den Kanarischen Inseln, den Boden.