Landwirte auf La Palma gründen Verband gegen den Diebstahl von Kastanien
Problem: »die ganz normalen Leute«
Im November 2024 sind sie angetreten, um die Plünderung der Wälder auf La Palma durch Diebe zu stoppen: Eine Gruppe von Landwirten hat die Asociación de Agricultores Tradicionales y Gestión Agroforestal Aurelio Acevedo gegründet. Ihre erste Forderung: Die Behörden sollen handeln, um die Diebstähle – etwa von Kastanien – zu stoppen. Einer von ihnen gibt an, dass allein am ersten November-Wochenende auf seinen Parzellen zwischen vierhundert und fünfhundert Kilo Kastanien gestohlen wurden. Die Guardia Civil will nun ihre Kontrollen verstärken, die Gemeinden Puntagorda und El Paso geben an, Sensibilisierungskampagnen zu starten und Schilder aufzustellen.
Das Thema Kastanienklau ist nicht neu. Schon im August 2024 erinnerte der für diese Fälle auf La Palma zuständige Inselrat Alberto Paz daran, dass die castañas nicht von der Allgemeinheit geerntet werden dürfen. Denn sie gehören jemandem und sind dem Inselrat zufolge eine wichtige »Einkommensquelle für die Besitzer, die Geld in Anbau und Pflege der Bäume investieren«.
Das wissen Viele vielleicht gar nicht. Mal ein paar Kastanien einstecken, das macht doch jeder, oder? Aber genau dieses weitverbreitete Denken verursacht den Landwirten graue Haare: Denn neben professionellen Dieben, die ebenso wie im Avocado- und Äpfelbereich ganze Fincas abernten, sind die »ganz normalen Leute« ein Problem. Dass Kleinvieh auch Mist macht, erklärte ein Landwirt aus La Palma der Internetzeitung Canarias Ahora: »Kastaniendiebstähle werden von Familien, Paaren oder Einzelpersonen begangen, die ein oder zwei Kilo zum Verzehr mitnehmen, aber bei 20 oder 30 Personen sind das zwischen 50 und 100 Kilo Kastanien pro Tag und Finca, dazu kommen die Schäden, die diese Personen verursachen, indem sie Zäune und Schilder zertrampeln«.
Die Schadensbilanz geht pro Betrieb in die Tausende. Tatsächlich sind aber nicht nur die Nussfrüchte wertvoll, weil sie sich vom einstigen Arme-Leute-Essen zur Delikatesse entwickelt haben und längst von der Gastronomie entdeckt wurden. Sogar die Bäume an sich gelten als lohnende Beute. So berichtete die Internetausgabe von Diario de Avisos im Mai 2024 von einem Prozess vorm Provinzgericht von Santa Cruz de Tenerife, bei dem um den Wert eines unerlaubt gefällten sowie eines geklauten Kastanienbaums gestritten wurde. Ein Gutachter schätzte, dass dem Besitzer des Baums dadurch 2.800 Euro Gewinn in zehn Jahren entgehen.
Doch zweifelsohne liegen die Diebstähle der Baumfrüchte den Bauern am schwersten im Magen – nicht nur im Blick auf professionelle Banden. Die Verbände im Biosphärenreservat Gran Canaria baten 2022 die Regionalregierung um Hilfe. Begründung: »eine Invasion von Leuten, die kommen, um Kastanienbäume zu plündern, die ihnen nicht gehören«.
Der Verband der Landwirte und Viehzüchter der Kanarischen Inseln (ASAGA) setzt auf Einsicht und fordert die Menschen auf, »die Arbeit von hunderten Bauern zu respektieren, für die der Verkauf von Kastanien oftmals eine der Haupteinnahmequellen ist«. Gleichzeitig weiß ASAGA, warum oft und gern zugegriffen wird: »Viele Bäume stehen am Rand von großen Straßen, und die Leute denken fälschlicherweise, dass sie keinen Besitzer haben.«
(Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserinnen und Leser, ich ziehe daraus folgendes Resümee: Bestimmt hat niemand etwas dagegen, wenn Sie beim Spaziergang einen heruntergefallenen Kastanien-Igel aufheben und einstecken. Doch Finger weg von den Maronen am Baum, selbst wenn sie zum Greifen nah und lecker vor Ihrer Nase baumeln! Denken Sie nicht nur an die Infos aus diesem Beitrag, sondern auch daran, dass die kleinen Kerlchen gierige Pfoten gern mit fiesen Stichen abwehren. Und dass immer mehr Kastanienbaumbesitzer sich und ihre Ernte heutzutage mit modernem Überwachungsequipment schützen. Leckere Kastanien gibt es im Oktober und November in Läden und auf den Bauernmärkten der Kanaren. Kostet ein bisschen was. Aber ist ja auch kein Arme-Leute-Essen mehr. Guten Appetit, Eure Gudrun!)